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Veranstalter-Initiativen

So will die Touristik Kinder besser schützen

Filippo Carlot - stock.adobe.com
In der Dominikanischen Republik leben viele Kinder in Armut.
In der Dominikanischen Republik leben viele Kinder in Armut.

Schulbesuche werden gestrichen – ebenso wie Freiwilligendienste. Und für Homestays gelten strenge Anforderungen: Kinderrechte rücken zunehmend in den Fokus der touristischen Unternehmen.

Jüngst hat sich DER Touristik eine konzernweite Kinderschutzrichtlinie verordnet, die genau diese Regeln vorsieht. Alle Veranstalter-Marken, Zielgebietsagenturen, eigenen Hotels und Reisebüros müssen sie ab sofort beachten.

Doch was ist eigentlich gegen Schulbesuche oder soziale Projekte einzuwenden? "Solche Angebote sind oft mit besten Absichten aufgesetzt worden und sollen auch der Spendenwerbung dienen", sagt Laura Steden, die sich bei DER Touristik um Nachhaltigkeit kümmert. "Aber letztendlich schaden sie den Kindern mehr, als sie ihnen nutzen." So würden etwa bei Schulbesuchen geschützte Lernorte gestört, finanzielle Abhängigkeiten erzeugt und die Persönlichkeitsrechte der Heranwachsenden missachtet.

"Kinder sind keine Touristenattraktion", sagt Antje Monshausen von Tourism Watch. Die Arbeitsstelle bei Brot für die Welt hat einen Leitfaden veröffentlicht, der zeigt, wie Veranstalter entlang der Wertschöpfungskette Kinderrechte einhalten können.
Was Veranstalter tun können
Kinderrechte im Fokus – den Neustart des Tourismus gestalten: Diesen Titel trägt eine Publikation, die der Kinderschutzbund Ecpat, Tourism Watch (Brot für die Welt) und der Roundtable Human Rights in Tourism jetzt gemeinsam veröffentlicht haben.

Sie gibt Reiseunternehmen Hintergrundinformationen und zeigt, wie sie Minderjährige entlang der Wertschöpfungskette schützen können.

Die 31-seitige Broschüre lässt sich kostenlos herunterladen: fvw.de/kinderrechte

Zumal sich die Lage der Jungen und Mädchen in vielen Ländern durch Corona und den Zusammenbruch des Tourismus nicht gebessert habe, sagt Guillaume Landry, Chef der internationalen Kinderrechtsorganisation Ecpat. Ganz im Gegenteil hätten Staaten oftmals Sozial- und Bildungsangebote für die Jüngsten eingestellt, zugleich habe sich die finanzielle Lage der auf das Urlaubsgeschäft angewiesenen Familien verschlechtert.

"Die Gefahr, von sexueller Ausbeutung betroffen zu sein, hat sich damit noch verstärkt", sagt Landry. So hätten die Kinder mehr Zeit vor dem Computer verbracht, was Tätern die Kontaktaufnahme erleichtert habe. Laut Ecpat nutzen diese häufig Chats in Online-Spielen, Apps und Social Media, um eine Verbindung herzustellen. Zwar sei beim sexuellen Missbrauch die Dunkelzimmer enorm hoch, dennoch stieg die Zahl der 2021 auf dem Portal Nicht-wegsehen.de eingegangenen Meldungen über solche Fälle deutlich.

Mimi Vu von der Beratungsfirma Raise Partners in Vietnam berichtet zudem von Kindern, die während Corona die Schule abgebrochen haben und die nun Arbeit im Tourismus suchen. Zugleich jedoch habe sich die Branche in dem südostasiatischen Staat in der Pandemie verstärkt mit Nachhaltigkeit beschäftigt und will gemeinsam mit Raise Partners touristische Akteure wie zum Beispiel Hotelangestellte zum Kinderschutz schulen.

Aber auch Unternehmen sind aktiv. Seit Längerem unterstützt etwa Studiosus Projekte wie das Kliptown Youth Program. Dieses hat für den Besuch der Slums von Soweto klare Regeln definiert. Es verbietet Urlaubern direkte Kontakte mit Kindern, diese wiederum dürfen nicht betteln. DER Touristik wiederum will Anbieter von Projektbesuchen und Homestays, also der Übernachtung bei Einheimischen, sensibilisieren und schulen. Für die Besucher muss es getrennte Zimmer geben, Gastgeschenke dürfen nicht direkt an Kinder überreicht werden.

Gefahr durch Workation-Trend

Ein Risiko für Kinder sieht Ecpat-Chef Landry auch im Workation-Trend. Viele Länder werben derzeit um diese Zielgruppe, indem sie leicht zu beantragende Long-Stay-Visa einführen. "Sexualstraftäter, die sich als digitale Nomaden länger im Land befinden, können sich das Vertrauen von Kindern und ihren Familien erschleichen und ihre finanzielle Notlage ausnutzen", warnt Tourism Watch. Dies gelte etwa für Täter, die besonders viel Zeit allein in dem Land verbringen. "In ihren Apartments sind sie anonym und können unentdeckt Straftaten begehen."

Angestellte in und um den Tourismussektor müssten verstärkt aufgeklärt werden, so dass sie Verdachtsfälle ohne Hürden melden könnten. Das gelte auch für Reisende, die ein solches Verhalten beobachten. Und nicht zuletzt müssten Außenministerien das Thema in ihren Reiseinfos ansprechen, "denn zu viele reisende Straftäter gehen davon aus, dass das Ausland für sie eine rechtsfreie Zone ist", so Tourism Watch.



Dieser Text erschien zuerst auf www.fvw.de.

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