Raus aus der Vergleichbarkeit, rein in die höheren Margen: fünf Tipps, wie Agenturen erfolgreich eigene Reisepakete für spezielle Zielgruppen schnüren.
Die Marge ist höher, und Reisebüros agieren unabhängiger von den Veranstaltern: Schon allein deshalb kann es sich für Agenturen lohnen, nicht nur als Vermittler aufzutreten, sondern eigene Reisen anzubieten.
Doch wie gelingt es, eigene Produkte zu kreieren und gut zu verkaufen? fvw|TravelTalk hat mit Reisebüros gesprochen, die mit ihren selbst organisierten Reisen am Markt erfolgreich sind, und hat ihre Empfehlungen in fünf Tipps zusammengefasst.
Tipp 1: Affinität zu speziellen Zielgruppen nutzen
Oft macht ein Hobby den Anfang, aus dem am Ende Reisen für Hundebesitzer, Motorradfahrer, Taucher, Golfer oder Reiter werden. "Man muss schon eine gewisse Leidenschaft für die jeweilige Zielgruppe mitbringen", sagt Hans Simon vom touristischen Beraternetzwerk New Travel League (NTL), das in einer Webinar-Reihe die Spezialisierung auf bestimmte Zielgruppen thematisiert.
Ein gutes Beispiel dafür ist Holger Tiggelkamp, der mit Bellos Helden auf Reisen mit Hund setzt. Er ist selbst Hundebesitzer, weiß daher, worauf zu achten ist. "Es ist mein Herzensthema", sagt Tiggelkamp. "Wenn man für etwas brennt, steht man auch um 6:00 Uhr auf und beschäftigt sich damit."
Hinzu kommt: Je näher die Unternehmer der Zielgruppe sind, umso besser kennen sie sich mit dem Produkt aus. "Bei unseren Tanzreisen kennen wir jedes Hotel, jede Region", sagt Jan de Vries, der neben seinem Reisebüro Max macht Urlaub in Baden-Baden Tanz-Reisen anbietet. Ausschlaggebend bei der Auswahl des Hotels sei etwa, ob sich die Böden für das Tanzen eigneten und Musikanlagen vorhanden seien.
Tipp 2: Gutes Netzwerk zur Vermarktung aufbauen
Schon früh sollten sich Reisebüro-Inhaberinnen und -Inhaber darüber Gedanken machen, wie potenzielle Kunden von den selbst organisierten Reisen erfahren. Stößt das neue Angebot beim vorhandenen Kundenstamm auf Interesse? Oder ist es sinnvoller, die Reisen darüber hinaus bei anderen Zielgruppen zu bewerben?
Holger Tiggelkamp rät, bei regionalen Gruppierungen auf sich aufmerksam zu machen und die Infrastruktur vor Ort zu nutzen. Im Falle von Reisen für Hundebesitzer könnten das Hundevereine, -messen, -pensionen oder auch Fachzeitschriften für Hundebesitzer sein. "Social Media ist auch ganz wichtig. Es gibt Facebook-Hunde-Gruppen mit einer sechsstelligen Zahl an Followern", weiß Tiggelkamp.
Eine weitere Lösung kann sein, die Vermarktung über einen Kooperationspartner laufen zu lassen. So bietet Wolfgang Heitz, Inhaber des Reisebüros Cream Events & Travel, Fotoreisen an. Agenturen, die ihre Fotografen auf Workshops beispielsweise nach Italien oder Frankreich schicken wollen, kaufen bei ihm die Reisen ein, übernehmen aber selbst das Marketing dafür in ihrer Fotografen-Community.
"Das macht es für mich einfacher", sagt Heitz. "Ich muss weder Mailings aufsetzen noch Inserate schalten." Um Unterkünfte, Transport und die Anreise zu organisieren, sind gute Kontakte zu Incoming-Agenturen und Hotels wichtig. Heitz besucht regelmäßig Reisemessen, darunter für Mice, um diese Kontakte zu knüpfen. Auch auf Fam Trips und zuletzt beim fvw|TravelTalk-Workshop auf Teneriffa geht er auf Leistungsträger vor Ort zu.
Tipp 3: Risiko minimieren
Insbesondere zum Start der selbst organisierten Reisen sollte es sich um ein nicht zu komplexes Produkt handeln. "Man muss nicht gleich in die Südsee fliegen. Es reicht völlig, wenn man eine Busreise in die nähere Umgebung durchführt", sagt Reisebüro-Inhaber de Vries.
So ist er auch selbst vorgegangen: Die erste Tour für Tänzer und Tänzerinnen führte nach Bad Kissingen, erst später kamen etwa Tanzreisen auf Kreuzfahrtschiffen dazu.
In der Regel läuft der Verkauf der eigenen Reisen parallel zum klassischen Vermittlungsgeschäft. De Vries empfiehlt, die Reisevermittlung auf keinen Fall zu vernachlässigen. "Es ist das Brot- und-Butter-Geschäft. Das muss auch bestehen bleiben", sagt der Unternehmer.
De Vries weiß, wovon er spricht: Er hat bereits die zweite Sparte an eigenen Reiseprodukten eingeführt. Neben Tanzreisen bietet er seit einem Jahr mit "Max macht Mut" Reisen für Trauernde an.
Tipp 4: Geschnürte Pakete online buchbar machen
Wenn es um Reisen geht, die sich an Kunden aus ganz Deutschland richten, bietet es sich an, online darüber zu informieren, um die potenziellen Urlauber auch erreichen zu können. "Mein stationärer Vertrieb kann noch so gut sein – wenn die möglichen Kunden in ganz Deutschland verteilt sind, sollten die Reisen zwingend online buchbar gemacht werden", sagt de Vries.
Auch NTL-Initiator Simon sieht die digitale Vernetzung mit dem Kunden sowie mit allen beteiligten Leistungsträgern als wichtige Voraussetzung, wenn sich Reisebüros auf bestimmte Zielgruppen spezialisieren.
Tipp 5: Mit Mut und Zuversicht an den Start gehen
De Vries empfiehlt, nicht zu viel Skepsis oder Angst davor zu haben, selbst Reisen aufzulegen. "Viele Unternehmer haben lange eine Vorstellung im Hinterkopf, die sie verwirklichen möchten, scheuen sich aber, die Idee umzusetzen", sagt er. Seine Devise: "Einfach machen."
Das hat auch Dennis Krausgrill beherzigt: Der Inhaber der Reiseagentur Krausgrill in Immenhausen plant, sein Hobby Wandern mit dem Beruf zu verbinden. Dafür hat er zunächst eine Wandergrundausbildung abgeschlossen und möchte vor der eigenen Haustür in Nordhessen Touren für maximal 20 Personen anzubieten.
"Vor Ort anzufangen ist erst einmal das einfachste", sagt Krausgrill. "Dann fallen auch die komplizierten Ein- und Ausreisebestimmungen weg."
Dieser Text erschien zuerst auf www.fvw.de.