Das Ranking der serbischen Webseite Numbeo über gefährliche Städte in Europa sorgt für Diskussionen und Widerspruch.
In den letzten Wochen gab es Medienberichte über die vermeintlich gefährlichsten Städte Europas (auch wir haben berichtet). Für Atout France, die französische Zentrale für Tourismus, hakt es da an einigen Stellen in diesem Ranking und kontert nun mit einer offziellen Aussendung:
Die international anerkannte Presseagentur AFP (Agence France-Presse) ist in einem detaillierten Faktencheck genauer auf die Methodologie eingegangen, die für die Erstellung dieses Ranking genutzt wurde, insbesondere nachdem die „Neuigkeit“ in Frankreich innenpolitisch von extremen Parteien in ihrer Kommunikation, vor allem auf Social Media, genutzt und verbreitet wurde. Das Fazit hier ist ganz klar: Diese Rangliste kann keinesfalls als eine Zusammenfassung offizieller, zuverlässiger Daten gesehen werden, sondern stammt von einer Webseite, die sich rein auf subjektive Meinungen von Internetnutzer:innen stützt. Diese sind weder repräsentativ für die allgemeine Bevölkerung, noch fußen sie auf klar definierten und vergleichbaren Kriterien, die es ermöglichen würden, bestimmte Städte als "krimineller" als andere darzustellen, und welche für die Verfassung von soziologisch relevanten Studien eine Voraussetzung wären. Zudem erscheint es sehr einfach, die Umfrage zu missbrauchen und ihre Ergebnisse zu manipulieren, da die von den Nutzer:innen angegebenen Informationen zu keinem Zeitpunkt überprüft werden. Es ist also durchaus möglich, seine Meinung über die Kriminalität in einer bestimmten Stadt zu äußern, ohne jemals einen Fuß in diese Stadt gesetzt zu haben.
Ein Blick auf die aktuellsten Tourismusdaten von Marseille und Nizza – zwei beliebte Ziele für Urlaubs- und Geschäftsreisen –, die von Wien direkt angeflogen werden, lässt einen dieses negative Bild überdies hinterfragen, zeugen diese doch eher vom Vertrauen und den guten Erfahrungen der Reisenden sowie der Veranstalter großer internationaler Kongresse und Events. Im Jahr 2022 wurden 548.000 Hotelnächtigungen internationaler Tourist:innen in Marseille gezählt. 56 % aller Reisen nach Marseille (In- und ausländische Reisende) waren auf Geschäftstourismus zurückzuführen (Zahlen Insee). 2021 wurde z.B. der Weltkongress der International Union for Conservation of Nature mit 5.000 Teilnehmer:innen und rund 25.000 Besucher:innen veranstaltet, 2022 folgten im Herbst zwei weitere Kongresse (Notare, Veterinäre) mit über 3.000 Teilnehmer:innen. In puncto großer Events werden 2023 sechs Spiele der Rugby-Weltmeisterschaft und vier Konzerte mit über 60.000 Zuschauer:innen (u.a. Weltstar Beyoncé und die Band Muse) in der Hafenstadt organisiert. 2024 finden zudem die Segelwettbewerbe (mit 330 Athlet:innen aus aller Welt) und zehn Fußballspiele der Olympischen Sommerspiele in Marseille statt.
Nizza ist hinter Paris das zweitbeliebteste Reiseziel in Frankreich. Im vergangenen Jahr wurden 2.049.000 Hotelnächtigungen ausländischer Reisenden und ein Anteil von 30 % an Geschäftsreisen (berechnet auf alle Reisen) gezählt (Zahlen Insee). Bis zur Sperrung des ehemaligen Kongresszentrum Acropolis 2022 konnte kein Rückgang bei der Anzahl der internationalen Kongresse verzeichnet werden: Im September 2019 zählte der Kongress der International Parkinson And Movement Disorder Society 6.000 Teilnehmer:innen, im März 2022 nahmen 4.650 Besucher:innen an einem Kongress der Französischen Gesellschaft für Diabetes teil. Ein völlig neues Kongresszentrum befindet sich derzeit im Bau und soll 2025 am Hafen von Nizza eröffnen, um bereits im Juni 2025 die UN-Ozeankonferenz zu empfangen. Wie in Marseille werden ab diesem Herbst in Nizza sportliche Großveranstaltungen organisiert – Spiele der Rugby-WM, das Finale der Tour de France im Juli 2024 sowie Fußballwettbewerbe von Olympia 2024.