Seereisen gelten als umweltschädlich. Doch die Kreuzfahrt ist auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit schon ein großes Stück vorangekommen – wie viele Beispiele zeigen.
Zugegeben, eine Kreuzfahrt belastet das Klima mit wesentlich mehr Schadstoffen als ein Urlaub in der Heimat oder im benachbarten Ausland. Doch sobald ein Flugzeug ins Spiel kommt, gar für einen Fernflug, sieht die Umweltbilanz mit Blick auf klimaschädliche Emissionen bei Kreuzfahrt und Landurlaub nicht wesentlich anders aus.
atmosfair hat dies 2019 untersucht: Während der Urlaub einer vierköpfigen Familie in Europa etwa 2300 kg Treibhausgas-Emissionen erzeugte, kommt die Mittelmeer-Kreuzfahrt der gleichen Familie auf gut 10.000 kg Emissionen. Die Fernreise nach Mexiko und die Kreuzfahrt in der Karibik liegen je bei mehr als 21.000 kg – mit nur 200 kg Unterschied.
Mit gutem Beispiel voran
Dass andere Urlaubsformen das Klima und die Umwelt ähnlich belasten wie die Kreuzfahrt, sollte allerdings kein Argument sein, die Hände in den Schoß zu legen. Je weniger Treibhausgas-Ausstoß, je weniger Müll, je weniger Wasserverschmutzung, desto unbeschwerter können Menschen urlauben.
Auch mit Landstromanschlüssen, Reduzierung der Fahrtgeschwindigkeit oder sozialen Programmen kann mehr Nachhaltigkeit erreicht werden. Die Kreuzfahrtbranche, allen voran die europäische, ist sich dessen bewusst und hat in den vergangenen Jahren einige Initiativen angestoßen, um ihre Umweltbilanz zu verbessern.
Die Reedereien arbeiten oft gemeinsam an der Erreichung bestimmter Umweltschutzziele. Der internationale Kreuzfahrt-Verband Clia und seine Mitglieder verpflichten sich zu einer klimaneutralen Kreuzfahrt bis 2050.
Aber Nachhaltigkeit bezieht sich nicht nur auf Treibhausgase. Müllvermeidung, Treibstoff-Einsparungen, Wasseraufbereitung, Ressourcen schonen, Unterstützung lokaler Partner – auch das alles zahlt auf "grünere" Kreuzfahrten ein. Hier ein paar Beispiele, die den Weg in eine nachhaltigere Zukunft von Hochseereisen aufzeigen. (Keine der Reedereien beschränkt sich auf die genannten Projekte.)
Das ist schon erreicht
Die Pionierleistung,
das erste LNG-betriebene Kreuzfahrtschiff der Welt in Dienst genommen zu haben, hat AIDA Cruises erbracht. Die 6.600 Reisegäste fassende AIDAnova lief im Dezember 2018 vom Stapel. Es ist das erste Schiff der Helios-Baureihe. Davon sind insgesamt neun Schiffe für die Carnival Corporation, zu der AIDA gehört, in Auftrag gegeben.
Die AIDAcosma ist ein weiteres LNG-Schiff dieser Klasse. LNG ist flüssiges Erdgas und hat eine bessere Klimabilanz als Schweröl oder Marinediesel. Bei der Verbrennung werden weniger Stickoxide, Feinstaub und kein Schwefeloxid ausgestoßen. Auch entsteht weniger Kohlenstoffdioxid. Insgesamt kann dies zu einer Verringerung der Treibhausgase um bis zu 28 % führen.
Mit dem LNG-Schiff war AIDA lange im Nabu-Kreuzfahrt-Ranking ganz oben gelistet. Doch nach einer Umstellung des Ranking liegt nun Ponant vorn. Der Grund unter anderem: Die Flotte ist im Vergleich zu den Mitbewerbern zu einem hohen Prozentsatz mit
Stickoxid-Katalysatoren ausgerüstet. Stickoxide sind Vorläufer von bodennahem Ozon, das zur Klimaänderung beiträgt sowie Böden und Gewässer versäuert. Alle Ponant-Expeditionsschiffe sind mit den SCR-Katalysatoren ausgestattet, auch zwei der vier Yachten. Der Umbau der beiden verbleibenden Schiffe ist bereits terminiert.
Laut jüngstem Umweltbericht von TUI Cruises – er stammt von 2019 – konnten die Emissionen der Flotte kontinuierlich gemindert werden. Die Hamburger Reederei setzt seit 2014 weltweit Scrubber ein, um den Schwefelgehalt im Abgas zu senken. Auch SCR-Katalysatoren kommen zum Einsatz. Der CO₂-Ausstoß lag im Jahr 2019 bei 53,6 kg pro Person und Übernachtung. Ziel sind knapp 38 kg/pPÜ im Jahr 2025. Die drei Neubauten, die bis 2026 kommen, fahren mit LNG oder können Methanol verwenden.
Ohne Schweröl unterwegs
Sie waren zwar nicht die ersten, aber sie sind eine von drei Reedereien, die
komplett auf Schweröl verzichten: Hapag-Lloyd Cruises. Die Hamburger Reederei fährt seit Juli 2020 komplett mit Marine-Gasöl. Das senkt die Schwefelemissionen der Flotte um bis zu 80 %, so das Unternehmen. Zudem würde die Umstellung bis zu 30 % weniger Rußemissionen und Feinstaub bedeuten.
Bereits in den 1990er-Jahren hat Hapag-Lloyd Cruises kein Schweröl mehr in der Arktis eingesetzt. Dort wie auch in der Antarktis gelten strenge Umweltschutzauflagen.
Schweröl für die Schifffahrt hat einen Schwefelgehalt von bis zu 3,5 %, während schwefelarmes Marine-Gasöl auf 0,1 % kommt. Die International Maritime Organisation IMO hatte 2016 beschlossen, dass ab 2020 der Schwefelgehalt in Schiffskraftstoffen bei 0,5 % liegen darf. In der Nord- und Ostsee gilt darüber hinaus bereits seit 2015 ein Schwefelgrenzwert von 0,1 %.
Smartes Design
Die nachhaltig beste Antriebstechnik ist gut, sie ist noch besser, wenn Treibstoff eingespart wird. Dies erreichen die Reedereien durch ein
effizientes Schiffsdesign. Ein Beispiel dafür ist der sogenannte X-Bow, ein als schnittig zu bezeichnender Bug.
Das Konzept stammt vom norwegischen Unternehmen Ulstein, das auf maritime Technik spezialisiert ist. Der X-Bow wurde bereits 2005 entwickelt und seitdem eingesetzt, aber erst mit der Greg Mortimer von Aurora Expeditions für ein Kreuzfahrtschiff genutzt.
Der Bug läuft so zu, dass er die Wellen sprichwörtlich schneidet und die Schiffsbewegungen sanfter sind. Erdacht wurde er zunächst, um die Passage in rauen Gewässern zu erleichtern. Doch gleichzeitig verbraucht ein Schiff auf einem gleich bleibenden Level weniger Treibstoff und Energie, was Einsparungen bewirkt. Zudem verliert das Schiff weniger Geschwindigkeit, auch das führt zu Treibstoff-Einsparungen.
Dieser Artikel erschien zuerst auf fvw.de