Das neue Geschäftsführer-Duo von Accor in Österreich, Hannes Lechner und Yannick Wagner, im Interview über erfolgreiches Führen im Krisenmodus und die Pläne von Accor in Österreich.
stammgast.online: Zuallererst Gratulation zur neuen Aufgabe als Geschäftsführer von Accor in Österreich. Wie werden Sie sich Ihre Rollen aufteilen: Treffen Sie Entscheidungen kooperativ oder jeder in Teilbereichen?
Hannes Lechner und Yannick Wagner: Operative und finanztechnische Bereiche sind unmittelbar miteinander verknüpft. Daher treffen wir unsere Entscheidung immer zusammen nach dem Vier-Augen-Prinzip.
Sie beide haben viele Jahre Erfahrungen in einer Führungsposition: Wie lösen Sie Probleme? Wie entwickeln Sie neue Ideen? Wir gehen Schritt für Schritt voran. Viele Innovationen entwickeln sich aus kleinen Bausteinen, die sich schließlich zusammenfügen. Außerdem ist es wichtig, unseren Mitarbeitenden zuzuhören, die für uns die Schnittstelle zu den Hotels und Gästen sind und eine neue Sichtweise und spannende Ideen einbringen. Ganz ähnlich verhält es sich bei der Problemlösung. Zuhören, nachdenken, entscheiden.
Welche Lehren ziehen Sie aus den vergangenen Monaten? Wie gut sind Sie mit Ihren Häuser durch die Krise gekommen?
Über den Sommer konnten wir eine deutliche Erholung verzeichnen. Aber auch davor konnten viele unserer Hotels durchgängig operieren. Die übrigen Hotels haben, sobald es die Umstände erlaubt haben, Zug um Zug wiedereröffnet. Grundsätzlich hat sich unser diversifiziertes Markenportfolio und unsere 2019 vorgestellte Vision einer „Augmented Hospitality“ ausgezahlt, durch die wir nicht nur in der klassischen Hotellerie operieren, sondern Angebote in allen Lebensbereichen unserer Gäste anbieten.
Das Mantra von den Chancen in der Krise, gilt das auch für die Hotellerie?
Sie meinen, die berühmte Tür, die aufgeht, wenn eine andere zugeht? Aber ja, wir blicken positiv in die Zukunft. Wir haben die Monate der Pandemie genutzt, um uns neu aufzustellen, uns zu fokussieren, unser Portfolio und unsere Angebote kritisch zu überprüfen und neue Konzepte zu entwickeln. Dazu gehört ein starker Fokus auf das Lifestyle-Segment, aber auch neue Angebote im Business- und Workspitality-Bereich wie ALL Connect und WOJO.
Was hat die Krise mit den Preisen gemacht und wie werden diese sich entwickeln?
Wir konnten unsere Preise stabil halten und teils sogar leicht erhöhen und gehen auch in der Zukunft von einer ähnlichen Entwicklung aus. Das ist nicht nur unseren gleichbleibenden Qualitäts- und Service-Ansprüchen geschuldet, sondern auch den direkten und indirekten Folgen der Pandemie, die beispielsweise zu einer Verteuerung von Produkten und Rohstoffen geführt hat.
Welches Potenzial für Wachstum bietet der österreichische Markt noch für Accor – und in welchen Bereichen zwischen Budget, Boutique, Lifestyle, Luxury und Co?
Der österreichische Hotelmarkt bietet einiges an Potenzial, auch im Hinblick auf das Markenportfolio der Gruppe und die bisherige Präsenz in Österreich. Interessant sind hier alle Segmente, von Budget über Lifestyle bis Luxus, aber auch Extended Stays. Dabei sind für uns nicht nur die Großstädte interessant, sondern auch kleinere Städte und Freizeitdestinationen.
Auch hier zeigt sich wieder die Stärke Accors durch sein umfassendes Markenportfolio und verschiedene Optionen für unsere Partner: So entwickeln wir einerseits neue Projekte wie das kürzlich eröffnete JO&JOE Vienna am Hauptbahnhof, dessen Mixed-Used-Ansatz auch für künftige Projekte Vorbildfunktion hat. Andererseits können wir mit unseren starken „Conversion“-Brands wie Mercure, ibis Styles, greet und Mövenpick bestehende Hotels sehr gut in unser Netzwerk integrieren. Dadurch können Eigentümer und Betreiber von unseren Distributions- und Vertriebskanälen sowie unserem Kundenbindungsprogramm profitieren.
Accor expandiert in der Schweiz mit 40 Häusern. Sind in Österreich neue Projekte in der Pipeline? Sind Übernahmen ein Thema?
Österreich ist für uns ein attraktiver Markt sowohl für unsere Traditionsmarken als auch neuere Konzepte wie greet, Hoxton und Tribe. Entsprechend sehen wir Potential sowohl für neue Projekte, als auch bestehende Hotels.
Müssen sich Geschäftsmodelle in Zukunft verändern bzw. braucht es neue?
Wir müssen flexibel bleiben und uns an die veränderten Bedürfnisse und Erwartungen der Gäste anpassen. Der Trend geht weg von einem reinen Hotelaufenthalt und wurde durch die Krise noch einmal mehr verstärkt. Die Menschen suchen auf Reisen wie auch im Alltag das Besondere. Accor hat das frühzeitig erkannt und bietet mit seinem Konzept der „Augmented Hospitality“ und dem darauf aufbauenden Lifestyle-Bonusprogramm ALL – Accor Live Limitless ein Erlebnis, das weit über den Aufenthalt in unseren Hotels hinausgeht.
Die Gäste haben jetzt andere Erwartungen an Hotels?
Die Themen Gesundheit und Sicherheit sind sicherlich mehr in den Vordergrund gerückt – eine Entwicklung, der wir mit der Einführung unseres Hygienelabels ALLSAFE Rechnung tragen. Die Menschen suchen aber auch nach einem neuen Lifestyle und tiefergehenden Erlebnissen. Hier setzen wir zum einen mit unserem Konzept der Augmented Hospitality sowie unserer globalen Lifestyle-Plattform und Kundenbindungsprogramm ALL – Accor Live Limitless an, das unsere Gäste auch über unsere Hotelmauern hinaus begleitet. Zum anderen bieten wir durch unser breites Portfolio, von Budget bis zum Luxuslabel, für jeden Gast die richtige Unterkunft.
Das Ausbleiben von Business-Gästen schmerzt besonders. Erwarten Sie nach einem „Sieg“ gegen die Pandemie die Rückkehr auf ein gewohntes Niveau?
Wir gehen davon aus, dass sich der Leisure-Tourismus erholen wird. Der vergangene Sommer war durch eine sehr starke Nachfrage im Freizeittourismus geprägt. Auch der Business-Bereich wird sich bis zu einem gewissen Grad wieder einpendeln. So finden auch hier bereits wieder Reisen statt und erste, erfolgreich durchgeführte internationale Messen im D-A-CH-Raum senden ebenfalls positive Signale, was den Sektor betrifft. Dennoch müssen wir von einem dauerhaften Rückgang im Business-Bereich ausgehen.
Was können Sie als Hotelgruppe tun, um diese wichtige Gästegruppe wiederzugewinnen?
Um diesen auszugleichen, fokussieren wir uns zum einen stark auf das Lifestyle-Segment sowie neue Konzepte, etwa im Workspitality-Bereich. Zum anderen schaffen wir attraktive Angebote wie ALL Connect in Zusammenarbeit mit Google Teams, um speziell die Gästegruppe der Geschäftsreisenden und MICE-Kunden anzusprechen.
Der Druck am Arbeitsmarkt haben alle, vom kleinen, eigentümergeführten Hotel bis zur Kette: Wie wollen Sie beste Arbeitskräfte für einen Job bei Accor begeistern bzw. beste Kräfte im Unternehmen halten?
Zunächst einmal mussten in Österreich Corona-bedingt keine Kündigungen in den Hotels ausgesprochen werden. So konnten wir zum einen unsere Talente halten, zum anderen auch Vertrauen schaffen. Jetzt gilt es nach vorne zu blicken und für die Hospitality-Branche zu werben. Accor ist ein sehr attraktiver Arbeitgeber, alleine schon durch seine Größe und Internationalität über alle Segmente und Marken hinweg. Dadurch können wir Bewerbern eine Vielzahl an Job- und Weiterbildungsmöglichkeiten weltweit bieten, auch für Quereinsteiger. Und wir haben verschiedene Benefits für unsere Mitarbeitenden sowohl in unseren Hotels und Restaurants als auch durch externe Partner.
Danke für das Gespräch.