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„Wir werden uns mit Sicherheit wieder treffen“

Der Präsident der Vereinigung Round Table Konferenzhotels, Thomas Ziegler, im Gespräch über Regierungsentscheidungen, das Durchhaltevermögen von Veranstaltern und Hoteliers und wo Wachstum noch möglich ist.

„Wir werden uns mit Sicherheit wieder treffen“

Ziegler wurde kürzlich zum neuen Präsidenten der RTK gewählt (stammgast.online hat berichtet). Der Direktor des Design Center Linz will den eingeschlagenen Weg seines Vorgängers Gerd Prechtl weitergehen, vor allem digitale Angebote ausbauen und eine RTK-Akademie aufbauen.

Herr Ziegler, die Verlängerung des Lockdowns bis mindestens Ostern war keine Überraschung, aber ein weiterer Tiefschlag für die Branche. Wie geht es den RTK-Mitgliedern? Wie lange können Sie noch durchhalten?
Thomas Ziegler: Wir haben rund 140 Mitgliedsbetriebe aus Tagungshotellerie und Eventlocations. Innerhalb dieses breiten Spektrums sind zwei Tendenzen zu erkennen: Die Stadthotellerie ist schwer betroffen, zumal ja die Kongresstouristen auf längere Sicht noch ausfallen werden. Auch eine allfällige nennenswerte Steigerung im Sommer ist im Städtetourismus nicht zu erwarten. Die Betriebe in ländlichen Regionen rechnen mit einer vergleichsweise raschen Erholung, sobald sie wieder aufsperren dürfen. Denn hier kommt zusätzlich zu den Business-Gästen der private Urlaubsgast, der Erholung in Österreich sucht.

Die Regierung verweist stets auf die Hilfsmaßnahmen, doch reichen diese aus? 
Wir hören von vielen Seiten, dass die Hilfsmaßnahmen verzögert ankommen. Hier ist jetzt rascheste Hilfe geboten. Die Unterstützungen müssen schneller eintreffen, denn die Betriebe finanzieren derzeit alles vor. Die meisten Betriebe sind geschlossen und haben keine Einnahmen, daher müssen auch die Stundungen unbedingt verlängert werden, um zumindest die Fixkosten bezahlen zu können und die Liquidität aufrecht zu erhalten.

Die Branche hat umfassende Hygienekonzepte erarbeitet, nachweisbar ist man nicht Ursprung des Problems bzw. verantwortlich für dessen Verbreitung. Wie groß ist noch das Verständnis für die Entscheidungen der letzten Monate?
Die Branche hat alles getan, um höchste Sicherheit zu bieten. Das fängt an mit Hygienekonzepten und reicht über Präventionskonzepte für Veranstaltung bis hin zu der Tatsache, dass viele Betriebe die Möglichkeit genutzt haben, eine Ausbildung zum Covid-19-Beauftragten zu machen. Derzeit hat man den Eindruck, dass all diese Anstrengungen mit Füßen getreten werden. Die Ansteckungsgefahr in der Hotellerie ist mit all diesen Begleitmaßnahmen auf ein Minimum reduziert und sicherlich wesentlich geringer als in vielen anderen Lebensbereichen. Es darf doch nicht sein, dass die Hotellerie als Notnagel herhalten muss.

Was macht Corona mit Veranstaltern: Wird Hybrid zur neuen Norm?
Livestreaming kann das menschliche Zusammentreffen auf Dauer nicht ersetzen. Davon bin ich überzeugt. Das heißt wir, müssen alles tun – und die Branche ist ja hier vorbildlich mit ihren Maßnahmen – damit diese Begegnungen wieder stattfinden können. Wir haben in der Krise aber auch dazu gelernt und hybride Formate weiterentwickelt. Diese ermöglichen es, dass Veranstaltungen vielfältiger werden, und werden uns daher auch in Zukunft begleiten. 

Homeoffice, hybride Veranstaltungen, Zoom-Konferenzen: „Befürchten“ Sie das langsame Ende von Präsenzveranstaltungen?
Die digitale Kommunikation eröffnet neue Möglichkeiten, sie ist aber kein Ersatz für die informelle Kommunikation und das persönliche Netzwerken. Die Menschen kommen seit tausenden von Jahren zusammen. Das ist ein Grundbedürfnis, das durch keine Technologie ersetzt werden kann. Daher lautet mein Wahlspruch: „Wir werden uns mit Sicherheit wieder treffen“.

Glauben Sie an einen Preiskampf beim Restart?
Nach dem ersten Lockdown war kein nennenswerter Preiskampf zu erkennen. In diesem Sinne hoffen wir, dass auch beim nächsten Re-Start die Preisgestaltung fair bleibt. Das ist auch ein Gebot der betriebswirtschaftlichen Vernunft. 

Wie segelt das Design Center Linz durch die Krise?
Wir konnten bisher sämtliche Unterstützungspakete wie in der Privatwirtschaft geltend machen. Das heißt Kurzarbeit KUA 1- derzeit 3, und wahrscheinlich auch 4. Fixkostenzuschuss FKZ 1, Lockdown Umsatzersätze November und Dezember. Jetzt sind wir am Abwägen, welche weitere Maßnahme sinnvoll ist, um für den Betrieb die bestmögliche Lösung zu finden. Letztes Jahr hatten wir einen „fast“ kompletten Geschäftsausfall ab 15. März zu verkraften. Seit Dezember 2020 steht das Design Center als Massenteststation und wahrscheinlich auch bald, wenn genug Impfstoff verfügbar ist, zusätzlich als große Impf- Station zur Verfügung. Wie allgemein in unserer Branche rechnen wir ab zumindest Herbst mit einem zaghaften Rückkehren von Veranstaltungen.

Welche Locations werden auch in Zukunft prosperieren und welche werden sich schwertun?
Locations, die Incentives und Teambuildings anbieten, werden sehr gefragt sein. Ein  Zusammenkommen der Teams ist ja schon seit fast einem Jahr sehr eingeschränkt bis unmöglich, daher gibt es hier einen großen Nachholbedarf. Profitieren werden sicher auch jene, die innovativ und vielseitig sind und sich rechtzeitig auf hybride Meetings vorbereitet haben. Schwertun werden sich jene Häuser, die sich schon in der Vergangenheit nicht weiterentwickelt haben. Das ist aber unabhängig von der Coronakrise zu sehen.

Abseits von der aktuellen Lage: Wie werden sich die RTK Round Table Konferenzhotels zukünftig positionieren? 
Wir sind schon seit vielen Jahren das Bindeglied zwischen unseren RTK-Mitgliedsbetrieben und Veranstaltungsplanerinnen und Planern. Mit unserer kostenlosen FAIRmittlung bieten wir sowohl unseren Mitgliedsbetrieben als auch den Kundinnen und Kunden maximalen Nutzen. Hinzukommen weitere Serviceleistungen und unsere Netzwerk-Events. All das hat sich sehr bewährt und das werden wir auch künftig beibehalten. 

Welche Rolle soll die Vereinigung für ihre Mitglieder einnehmen? Eine noch aktivere Positionierung in der Öffentlichkeit – einerseits für den Endverbraucher, andererseits im Bereich Lobbying?
Wir haben bereits im Vorjahr durch intensive Öffentlichkeitsarbeit auf die Auswirkungen der Coronakrise für den gesamten Business-Tourismus und speziell für unsere Mitgliedsbetriebe hingewiesen. Eine der Aktionen war hier ein offener Brief an Tourismusministerin Elisabeth Köstinger, in dem wir auf die prekäre Situation aufmerksam gemacht haben. Diese aktive Rolle als starke Stimme im Konferenztourismus und der Veranstaltungsbranche werden wir weiterführen und intensivieren. 

Sie heften sich für Ihre Präsidentschaft das Thema Digitalisierung auf die Fahnen: Wie viel Aufholbedarf bzw. Vorsprung gibt es hierzu bei Ihren Mitgliedern und bei RTK selbst?
Wir haben einige Mitglieder wie große Konferenzzentren und Stadthotels, aber auch im ländlichen Bereich Betriebe, die schon mit sehr moderner Technologie ausgestattet sind. Der Digitalisierungsgrad ist natürlich auch davon abhängig, wie international die jeweilige Klientel ist, und auch von der Art der Veranstaltungen. Wir als RTK bieten hier unseren Mitgliedern Hilfestellungen an, sei es durch Kooperationspartner in Bezug auf die technologische Ausstattung oder auch durch Schulungsangebote. Speziell bei der Entwicklung digitaler Formate können wir unseren Betrieben auch Hilfestellung aus meiner Erfahrung als Geschäftsführer des Design Center Linz anbieten. Denn das Design Center hat hier eine Vorreiterrolle

In welchen Bereichen wollen sie den von Prof. Gerd Prechtl bereiteten Wegen folgen, wo wollen Sie eine eigene Richtung finden?
Fortsetzen werden wir auf jeden Fall den Erfolgskurs von Gerd Prechtl mit der schon genannten FAIRmittlung, denn die ist einfach genial. Das provisionsfreie Weitergeben von Geschäft ist eine Kernkompetenz von RTK. Ein Schwerpunkt wird die Digitalisierung sein, indem wir hybride Formate und Veranstaltungen, von Seminaren über Tagungen bis hin zu Kongressen, forcieren. Immer aber mit dem Blick darauf, dass es um eine Vielfalt und Verbesserung des Angebots geht, und nicht darum, Präsenzveranstaltungen auf Dauer zu ersetzen. 

Bereits im Vorjahr haben wir begonnen, eine Gastronomieschiene aufzubauen. Das wird fortgeführt. Neu ist unsere geplante RTK-Akademie. Hier wollen wir unseren Mitgliedern Traineeprogramme und Webinare mit Preisvorteilen im Bereich Präsentation, Rhetorik, Verkaufen, Sales und Marketing anbieten und natürlich auch die digitale Kompetenz fördern. 

Wollen Sie auch bei der Anzahl der Mitglieder weiterwachsen?
Unser Ziel ist ein qualitatives Wachstum im Bereich der Seminarhotels. Dabei geht es darum, Märkte wie Vorarlberg und den bayerischen Raum aufzubauen, aber auch zum Beispiel unsere Präsenz in meiner Heimat Oberösterreich zu erhöhen. Weiteres Potenzial sehen wir im Bereich der Konferenzzentren und Veranstaltungslocations. Und wir sprechen verstärkt auch die Eventgastronomie an.

Gibt es eine Basis der Zusammenarbeit auch mit anderen Vereinigungen, zum Beispiel der ÖHV?
Unsere Vizepräsidentin Ulli Retter ist auch in der ÖHV sehr engagiert. Allein daher ist schon eine Basis der Zusammenarbeit gegeben. So haben wir etwa die Corona-Initiative „Wir informieren“ mit der ÖHV gestartet. Ich selbst bin Vorstandsmitglied des Austrian Convention Bureau, auch hier gibt es also eine enge Verbindung. Wir sind mit wichtigen Playern in Hotellerie und Konferenztourismus bestens vernetzt.

Das bisherige mangelhafte Durchimpfung, neue Mutationen und die noch offene Wirksamkeit der bestehenden Impfungen darauf haben die Hoffnung zuletzt ja wieder reduziert. Wann rechnen Sie mit der Rückkehr zu Normalität?
Die Teststrategie macht große Fortschritte und zeigt, dass damit Öffnungen in bestimmten Bereichen möglich sind. Genau das gilt es jetzt auch für die Hotellerie und den Veranstaltungsbereich zu nutzen. Denn gerade hier gibt es doch höchste Professionalität im Umgang mit Präventionsmaßnahmen. Es spricht also nichts dagegen, mit Ostern endlich auch die Gastronomie, die Hotellerie und den Veranstaltungsbereich zu öffnen. Wenn wir hier von der Regierung endlich grünes Licht erhalten, bin ich überzeugt davon, dass wir ab Herbst wieder zu einer moderaten Normalität zurückkehren können.

Danke für das Gespräch.

www.rtk.at

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