Hält das Jo&Joe, was es verspricht? Ein Besuch im Neuzugang am Wiener Hotelmarkt, der vieles anders macht als andere.
Jo&Joe ist ein hybrides Unterkunftskonzept, das Jugendherberge und Hotel kombiniert und den lebendigen Austausch von Gästen aus alles Welt und der Stadt selbst optimieren will. Nach der Premiere in Hossegor an der französischen Atlantikküste im Jahr 2017, gefolgt von Paris-Gentilly im Jahr 2019 und Paris-Nation (Juni 2021), startete im August die Accor-Marke erstmals im deutschsprachigen Markt am Westbahnhof in Wien. Nicht nur das Konzept ist jung, in diesem Fall auch die Zusammenarbeit mit dem Entwickler des Hauses: Das Jo&Joe belegt nämlich die oberen beiden Stockwerke des neuen Urban-IKEA, das „Hus“, das mit der begrünten Fassade ganz dem Trend der Zeit folgt.
Das Ziel, Reisende und Einheimische im Haus zusammenzubringen, wird hier tatsächlich auf die Spitze getrieben. Die große Dachterrasse bietet einen atemberaubenden Blick über die Dächer der Stadt und wird von den Wienern schon ganz fleißig genutzt, freut sich General Manager Julia Neuhold im Gespräch mit stammgast.online. Hier befinden sich Tische und zahlreiche Sitzplätze und mehrere Gastro-Container, die Snacks, Cocktails, Weine und mehr anbieten. Jener von IKEA ist mit den Öffnungszeiten des Marktes verknüpft, die anderen Container werden vom Jo&Joe betrieben und bieten noch länger Genuss, denn die 1.800 m² große Dachterrasse darf bis nach 1 Uhr nachts bespielt werden. „Unsere Dachterrasse ist anders als die anderen und im Vergleich down to earth“, beschreibt es Neuhold.
Generell passe das Jo&Joe-Konzept sehr gut zum IKEA, das Mindset ist sehr ähnlich. Innen im Hotel/Hostel wird bei unserem Besuch noch fleißig gearbeitet: Im 6. Stock verlegen Handwerker gerade Teppiche für den Aufenthalts- und Erholungsbereich, Lampen werden verkabelt und das kleine „Kino“ für Film- und Streamingabende vorbereitet. Schon „knotzfertig“ ist das Pizzabett, ein kreisrundes Sofa mit sieben Metern Durchmesser. Eine Etage tiefer befindet sich die Lobby, wenn man sie so nennen kann, samt Bar, Restaurant, Frühstücksbereich, Partylocation inklusive DJ-Tisch, einem mehrere Meter langen Riesenwutzler, Sesselliftsessel hängen von der Decke und eine Bierwand lädt zum Selberzapfen ein. Die Urban Street Artists Lady K, Reso, Dinho Bento und Skirl haben die leeren Wände in den öffentlichen Bereichen und den Gästezimmern zu schillernden Kunstwerken umgestaltet.
F&B spielt eine zentrale Rolle
Ins Hotel kommt man übrigens per Lift oder über den IKEA (nur während der Öffnungszeiten). Restaurant und die Bar sind für alle zugänglich und bieten Speisen auf gutem Niveau zu leistbaren Preisen. Künftig sind auch regelmäßig Konzerte und Veranstaltungen im Jo&Joe open house geplant, das Haus soll sich zur Partymetropole entwickeln. Schließlich ist ein großes Ziel, dass sich Wiener und internationale Gäste vernetzen. Anfragen für exklusive Events, Hochzeiten, Kindergeburtstage oder ähnliches werden mehr, aber abgelehnt, weil ein Aussperren der Hostel-/Hotelgäste in bestimmten Bereichen dem Sharing-Gedanken widersprechen würde. Feiern kann man natürlich trotzdem. Das F&B-Angebot will die General Managerin sukzessive ausbauen, etwa beim Frühstücken und Brunchen. Ein Frühstück gibt es übrigens schon um 6 Euro für Hausgäste, Auswärtige müssen mit 7,50 Euro ebenfalls nicht tief in die Tasche greifen. In der kalten Jahreszeit bietet sich für die Terrasse dann Punsch- und Glühweinseligkeit an.
Das Konzept ist abgestimmt auf die Bedürfnisse einer jungen, entdeckungsfreudigen Zielgruppe, aber auch von Familien und sogar Geschäftsreisenden, erklärt man bei Accor. Das Jo&Joe Vienna bietet 77 Zimmer mit 345 Betten. Neben den Hostel-typischen Mehrbettzimmern („Togethers“) gibt es auch solche, die für zwei bis drei Personen ausgelegt sind („Yours“). Die Einrichtung ist sehr reduziert und praktisch, Badezimmer und Toilette sind getrennt, Fernseher gibt es keinen. Für Privatsphäre beim Umkleiden sorgt ein eigener, kleiner Bereich. Polster und Decke bekommen die Gäste überzogen (luxuriös für ein Hostel), beim Leintuch müssen sie selbst Hand anlegen. Bei den vielen, eher schwer zugänglichen Hochbetten wäre das für das Team schon rein zeitlich gar nicht anders möglich. Die Preise beginnen je nach Zimmertyp ab 20 Euro pro Bett und Nacht. Die Auslastung in den ersten drei Wochen lag bei so erwarteten 10 bis 20 Prozent. „Die Zimmer sind wirklich nur zum Schlafen da, wir wollen, dass unsere Gäste in den öffentlichen Bereichen sind“, so Julia Neuhold.
Ein Lebensgefühl auf Expansionskurs
Durch die großen Fenster der Außenzimmer sieht man übrigens riesige Töpfe, in denen schwedische Bäume wachsen und die das Bild der Fassade bestimmen. IKEA kümmert sich um das Wohlergehen der 160 nordischen Einwanderer, die schon vor fünf Jahren den Weg nach Österreich fanden, um sich zu akklimatisieren. Betreten dürfen die Gäste die Balkone nicht, Sicherheit geht vor.
Mit einer stetig wachsenden Community im Rücken, ist es die Vision der Marke, den Jo&Joe-Spirit in jede europäische Hauptstadt und weitere wichtige Städte zu bringen. In den nächsten sechs Monaten folgen bereits Eröffnungen in Rio sowie in Venedig und Medellín. Weitere Projekte an Schlüsseldestinationen wie Rom und Moskau sind für das nächste Jahr in Planung.
In Wien startet man erst so richtig durch. Die Sichtbarkeit bei den Einheimischen muss noch erhöht werden, vor allem der Zugang ins Haus hat bei der Wahrnehmung noch kleine Barrieren. Lage und mutige Umsetzung des Konzept werden aber sicher helfen. Und internationale Gäste werden ihren Weg, wenn es dann wieder problemlos geht, sicher finden.