Sternekoch Amador verbannt Food-Fotos Plus Artikel
 

Sternekoch Amador verbannt Food-Fotos

Markus Oberländer

Juan Amador begründet diesen radikalen Schritt, als erster Sternekoch weltweit Food-Fotos komplett aus seinem Portfolio zu verbannen, mit: „Foodporn ist ein Betrug am Gast.“

Seine Gäste will der Spitzenkoch als Verbündete mit ins Boot holen. „Food-Fotos sind heute zur härtesten Währung in der weltweiten Gastronomie geworden. Sie sorgen für Fläche in den Printmedien, für Likes und Reichweite auf Social Media und für eine Vielzahl der weltweit besten Köche sind Food-Bilder sogar wie Visitenkarten. Eine oberflächliche Entwicklung, die der Gastronomie schadet“, sagt der aus Deutschland stammende Koch und Unternehmer, der seit 2016 in Wien das Restaurant Amador betreibt (2 Michelin Sterne, 18 Punkte Gault&Millau).

„Über das eigentliche Erlebnis eines Restaurantbesuchs sagt ein Food-Foto überhaupt nichts aus. Da geht es um Emotionen auf ganz anderen Ebenen: Geschmack, Ambiente, zwischenmenschliche Beziehungen. Diese müssen wir auch in der Kommunikation wieder in den Vordergrund stellen.“

Smartphones am Eingang abgeben

Seit kurzem sind sowohl auf der Homepage sowie auch auf den Social-Media-Kanälen keine Food-Fotos mehr zu finden. Zudem ergeht an sämtliche Medien die Bitte, vorhandene Food-Bilder von Juan Amador nicht mehr zu veröffentlichen. Den Gästen im Restaurant wird erklärt, warum man bittet, auf das Fotografieren des Essens zu verzichten. Ein Verbot wird es jedoch nicht geben.

Amador: „Von Verboten halte ich nichts, sie sind genau die falsche Message. Durch Hektik und Stress der heutigen Zeit sind die Menschen oft getrieben und fotografieren wie automatisch, ohne groß darüber nachzudenken, ob das einen Sinn macht. In Wirklichkeit betrügen sie sich selbst um die Magie des Genusses. Für die Dauer des Besuchs in unserem Restaurant geben wir den Gästen nun die Möglichkeit, sich von diesen antrainierten Zwängen zu befreien.“ Mobiltelefone können am Empfang abgegeben werden, bei eingehenden Anrufen werden die Gäste informiert. 

Mehr Stimmung, mehr Details, mehr Videos

Anstatt der Food-Fotos setzt der Sternekoch vermehrt auf Stimmungs- und Detailfotografie, um das Restauranterlebnis auch visuell darzustellen. Für die aktuelle Fotoserie wurde dazu mit Markus Oberländer einer der besten Sportfotografen Österreichs engagiert. „Im Sport geht es darum, Emotionen festzuhalten. Und genau das wollen wir hier auch. Also haben wir uns bewusst für jemanden entschieden, der komplett aus einem anderen Bereich stammt.“ Im Laufe des Jahres will man dies auch mit Videos und Liveübertragungen aus der Küche ergänzen, für deren Umsetzung der bekannte Grazer Kameramann Philipp Lihotzky gewonnen werden konnte.

Amador: „Wir sind uns bewusst, dass mit den Food-Fotos etwas wegfällt, womit sich die Leute gerne einen ersten Eindruck über uns machen. Deshalb werden wir in der Kommunikation nach außen einzelne Sinne verstärkt und auch ungewöhnlich ansprechen – vor allem das Hören.“

Essen ist Emotion

Unter Spitzenköchen selbst ist das Fotografieren von Gerichten schon lange ein No-Go. Das war aber nicht immer so. „Auch ich habe anfangs überall mein Handy draufgehalten, um mich an das eine oder andere Gericht eines Kollegen erinnern zu können“, so Amador. „Nur für die Erinnerung ist das Fotografieren völlig belanglos. Denn unser Hirn hilft uns hier ja gut weiter: Hat uns das Gericht auf eine besondere Weise berührt, dann merken wir uns das automatisch. Da brauchst du kein Foto mehr dafür. Ich kann mich an Gerichte bis ins letzte Detail erinnern, die ich vor Jahren oder auch in meiner Kindheit gegessen habe.“ Und am Ende geht es genau darum. „Essen ist mehr als die bloße Aneinanderreihung von hübsch anzusehenden Gerichten. Es ist Emotion. Und die braucht keinen Filter.“ 

www.restaurant-amador.com




stats