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Erste „Junior Master Chefs“ graduiert

In einer neu geschaffenen Zusatzausbildung haben drei Schüler der Tourismusschulen Klessheim soeben ihr Können unter Beweis gestellt, das über die übliche Kochausbildung weit hinausreicht.

Erste „Junior Master Chefs“ graduiert

Das touristische Ausbildungswesen hat längst erkannt, wie wichtig es ist, neue Trends in der gastronomischen Arbeitswelt in die Ausbildung einfließen zu lassen. Entstanden ist eine Reihe von Zusatzausbildungen, die vor allem im praktischen Bereich für neue und attraktive Inhalte sorgt. Dazu zählen etwas Barista-Prüfungen, die Ausbildung zum Jungsommelier, Zapf- und Bierkurse oder auch die sensorische Eroberung von normalem Trinkwasser. „Das alles sind aber Zusatzausbildungen im Fach Service und Restaurant“, erklären Alexander Stockl und Elfriede Bichler im Gespräch mit HGV PRAXIS, „im Bereich Küche hingegen gibt es wenig bis nichts, und genau das wollten wir ändern.“

Attraktivierung des Kochberufes

Bichler und Stockl sind Kochlehrer an den Tourismusschulen in Salzburg Klessheim und die beiden arbeiten schon viele Jahre daran, den Kochberuf etwas attraktiver zu machen. Bislang äußerte sich das in zusätzlichen Koch-Sessions, in denen Spezialitäten oder immer seltener angewandte Kochpraktiken zum Thema eines freiwillig zu absolvierenden Zusatzunterrichtes gemacht wurden. Da ging es um das große Feld der Innereien-Küche, die fachgerechte Zerlegung von Fleischteilen, den maßgeblichen Inhalten und Herstellungsweisen von Würsten usw. – alles Techniken, die heute so im Unterricht nicht mehr vorkommen.

Nun hat das Kochlehrer-Duo aber eine Zusatzausbildung geschaffen, die werthaltiger als alles bisher Dagewesene ist. Stockl und Bichler nutzten hierfür ihr fachliches Netzwerk und stimmten die Ausbildung zum „Junior Master Chef“ eng mit federführenden Proponenten der Wirtschaftskammer und des Kochverbandes ab. Entstanden ist ein Lehrinhalt, der Schülerinnen und Schüler nicht nur über Jahre bis zur Matura begleitet, sondern eigene Gestaltungskreativität geradezu voraussetzt. „Uns geht es dabei darum, dass die Schüler eigene Gerichte, die ihr Geschmacksbild prägen, neu interpretieren. Das sind nicht selten Gerichte aus der Kindheit von den Eltern oder Großeltern zubereitet, die mit einem neuen Twist versehen werden. Voraussetzung ist, dass die Produkte aus der jeweiligen Region stammen, denn es geht um Qualität und Nachhaltigkeit“, erklärt Alexander Stockl.

In den ersten beiden Jahren werden die angehenden Junior Master Chefs in der Theorie sattelfest gemacht – das reicht von Warenkunde, Ernährungslehre bis hin zur Kalkulation und ausgefallenen Zubereitungsformen. Im dritten Jahr fließen diese Inhalte in eine Projektarbeit ein, die bereits das von den Schülern kreierte Menü zum Inhalt hat. Im vierten Jahr kommt es dann zu praktischen Abschlussprüfung.

Confiertes Ei und Sura-Käs
Vor wenigen Tagen traten in Klessheim die Vorarlbergerin Jana Koch und die Salzburger Felix Hofer sowie Raphael Lechenauer zur Prüfung an. In hochwertig aufbereiteten Broschüren erklären die drei Kandidaten ihre Gerichte (je eine Vorspeise und ein Hauptgericht), ihre Motivlage dafür, den Ursprung der Kreation und ihre jeweilige moderne Interpretation dazu. Jana Koch beispielsweise beeindruckte die Gastesser mit einer jahrhundertealten Vorarlberger Spezialität, der sie einen frischen Wind einzuhauchen vermochte. Ihr Dessert war eine gewagte Vermählung von Saurem Käse und Riebler. Sura-Käs, diese typische Vorarlberger Spezialität – ein Sauermilchkäse, der an den Graukäse erinnert – wurde von Koch mit Riebel (ebenfalls eine Vorarlberger Spezialität, eine Süßspeise aus eigenem Riebel-Maisgrieß, einer Art Sterz nicht unähnlich) nach einem Rezept ihrer Großmutter kombiniert und zu einem süßen Wunderwerk verzaubert.
Auch das confierte Ei von Felix Hofer vermochte zu beeindrucken: ein Eidotter wird dabei in exakt 68 Grad warmem Entenfett fünf Minuten wachsweich gegart. Dieser war jedoch nur der Blickfang für ein Potpourri vom Kürbis, das von Hofer bis ins kleinste Detail ausgereizt wurde: Kürbismürbteig mit Kürbismousse, darauf ein Ziegenfrischkäse-Mousse und ein Apfel-Kardamon-Gelee als Abschluss; begleitet wurde das mit einem feinen Kürbiskraut und einem Curry-Molke-Sud. Da kamen sogar der Geschmackspapillen der Jury ins Schwitzen. Raphael Lechenauer wiederum begeisterte mit einer Art gebackener Kalbskopf, der allerdings aus Hühnerfleisch bestand. Dieses Gericht könnte sofort in jeder Speisekarte für Furore sorgen, aber Lechenauer landete auch mit seinem „Gebeizten Dotter“ einen Hit, den man eher im Steirereck als in Klessheim vermuten würde: Dotter in einem Salz-Zucker-Gemisch fünf Tage im Kühlschrank beizen lassen, danach drei Stunden bei 65 Grad im Rohr trocknen und anschließend auf eine Sesam-Hippe reiben. Eine Auszeichnung und zwei gute Erfolge krönten die Graduierung zu den ersten „Junior Master Chefs“. Neben einem Diplom gab es ein Küchenmesser von Global sowie eine Mitgliedschaft im VKÖ. Von besten beruflichen Aussichten einmal ganz abgesehen.




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