Willys Gastro-Wochenrückblick diesmal mit einem kulinarischen Rückblick auf Silvester inklusive rosarotem Pantherpyjama.
Es gab eine Zeit, da konnte man mit Freunden und Verwandten Silvester noch völlig problemlos planen und feiern. Mit gutem Essen, feinen Drinks, buntem Feuerwerk, Bleigießen, Kuschelwalzer und allem Drum und Dran. Im Laufe der Jahre habe ich sogar richtige Silvester-Minitheaterstücke entwickelt und inszeniert. Alle haben bereits darauf gewartet und freuten sich zuhauf auf diese letzten Abende im Jahr. Da ich das zumeist ziemlich ergiebige – und selbstverständlich selbstgekochte, wenn daheim, respektive mit dem jeweiligen Küchenchef entwickelte, wenn auswärts – Silvestermenü in mehreren Gängen dramaturgisch ins silvesterliche Stück integrierte, wurde daraus bereits in den 70ern und 80ern des vorigen Jahrhunderts so etwas wie heute unter „Dinner & Crime“ firmiert.
Dann kam Corona und mit dem unberechenbaren Virus der Lockdown. Ausgehen war sowieso nicht mehr drinnen, weil, wer mag schon um zehn am Abend heimgehen, wenn das alte Jahr noch ein MHD von zwei Stunden hat? Im privaten Bereich ist es schwierig, denn Vernaderer gibts immer und überall. Also? Bleibt man daheim, feiert alleine und spielt „Dinner for one“. Nur halt alleine und nicht zu zweit.
Daher blieb ich auch heuer standesgemäß im rosaroten Pantherpyjama und spielte nicht nur Miss Sophie und Butler James, sondern als abwechselnd dem Samos und dem Sauguaten Gin nicht abgeneigter Diener auch noch Sir Toby, Admiral von Schneider, Mr. Pommeroy und Mr. Winterbottom, wie jeder weiß, ebenfalls begnadete Bürschtler vor dem Herrn.
Anstatt über einen Tigerkopf stolperte ich regelmäßig über einen alten Socken und in der auszutrinkenden Blumenvase wartete ein angenehm runder Diplomatico auf mich. Übrigens: Beim Kulinarischen musste ich mich, die 90-jährige Jubilarin und ihre mitfeiernden Kameraden ein wenig austricksen, denn für die Mulligatawny-Suppe konnte ich in der Gachn keine scharfen Chilis samt geeigneter Curry-Mischung auftreiben, bekam für den Schellfisch keinen Schellfisch, für das Hühnchen nur ausgemergelte Suppenhühner und als Dessert keine gscheitn frischen Früchte. Also servierte ich mir und uns eine feine pho, Fischstäbchen mit Brezelpanier, Chicken Wings und eine Apfeltasche, frisch geholt vom großen, gelben M-Drive-In.
Was die Getränke betrifft, gab es keine Probleme. Sherry, Portwein, Weißwein und Champagner waren in bester Qualität leicht aufzutreiben und dann galt es „The same procedure as every year“ leidenschaftlich durchzuziehen. Nur der augenzwinkernden Aufforderung von Miss Sophie sich mit ihr gemeinsam in die intimen Gemächer zurückzuziehen, bin ich dann doch nicht nachgekommen. Aber als es an der Tür klopfte und zwei Polizisten aufgrund des von den Nachbarn angezeigten Lärms nach unseren FFP2-Masken frugen, musste meine strapazfähige, buddhistische Lebenseinstellung herhalten. Sonst … ach was! Silvester sowie Pozistn und Pozistn (O-Ton Gernot Kulis als Karl Schmähhammer) sind halt auch nimmer das, was sie einmal waren. Jeder Gastronom kann eine feine Melodei davon zwitschern. Nicht nur ich als Dinner-Solist daheim.