Die Legende der Wiener Barlandschaft: Am 15. November 1996 eröffnete „Dino’s Apothecary Bar“ am Salzgries.
Vor 25 Jahren glich die Wiener Barlandschaft noch eher einer Steppe und war noch von ihrer Blütezeit entfernt. Dass die Nachtschwärmer in der Bundeshauptstadt trotzdem rasch auf den Geschmack einer original American Bar kamen, ist maßgeblich Heinz Kaiser zu verdanken. Der studierte Pharmazeut war vom ersten Moment an hinter der Theke und drückte dem Archetyp der Wiener Barkultur – Namenspatron ist Hollywood-Legende Dean Martin – seinen unverwechselbaren Stempel auf.
In die außergewöhnlichen Cocktails des Alchemisten der Trinkkultur fließt das Wissen des Apothekers, gepaart mit Wiener Schmäh, ein. „Unsere Konzepttreue ist eine klare Entscheidung gegen schnelllebige Trends. Seit 25 Jahren begleiten wir jetzt schon mehrere Generationen von Cocktailfans und Nachtschwärmerinnen sowie Nachtschwärmern“, sagt Kaiser.
Die Chemie stimmt
Was ins Glas kommt, ist minutiös in zwölf Kapiteln der 64-seitigen Barkarte mit über 500 Positionen aufgelistet, die schon erahnen lässt, dass Gäste hier mit einer fundierten Bar-Therapie glücklich gemacht werden. So blättert man durch Abschnitte wie „Empfohlene Behandlungen“, „Nicht kassenfrei“, „Einnahme nach den Mahlzeiten“, „Klare Lösungen“, „Gruppentherapie“, „Die homöopathische Dosis“, „Ergänzungssortiment“ oder „Appetitzügler“.
Während die rezeptfrei servierten Zutaten von Drinks wie „The Nameless Mexican“ (Altos Plata Tequila, Tonkabohnensirup, Limette, Paprikasaft, Soda, Mozart Chocolate Bitters) oder „Gimlet Caprese“ (hausgemachter Long Pepper Vodka, Rose´s Lime Cordial, Basilikum, Balsamico Reduktion, Babymozzarella, Kirschtomate) auf den ersten Blick noch verständlich sind, bleibt die Zubereitung das wohlgehütete Geheimnis Kaisers und seines umfassenden Wissens.
Roquefort-Käse und Wodka
Was es, den hohen Qualitätsansprüchen Kaisers entsprechend, nicht gibt, wird kurzerhand selbst gemacht. Sein Tonic setzt er in einem aufwendigen chemischen Prozess unter Zuhilfenahme seiner pharmazeutischen Instrumente selbst an. Chemische Analyse und das über die Jahre perfektionierte Wissen um das Zusammenwirken der Substanzen machen süße Versuchungen wie „Bounty“, „Messino“ oder einen „Apfelstrudel“ trinkbar.
Molekularbiologie sorgt dafür, dass Roquefort-Käse und Wodka gemeinsam im Glas harmonieren. 48 aufwendig produzierte Eigenansätze sorgen für außergewöhnlichen Geschmack, wie man ihn sonst nirgends findet.
Kaisers wissenschaftlich fundierter Einfallsreichtum ist mit den über 500 Positionen auf der Karte noch lange nicht ausgereizt. Ein bis zwei neue Ideen kommen ihm jede Woche, wenn er sich von neuen Geschmäckern und Gerüchen inspirieren lässt. 70 komplexe Eigenkreationen finden sich derzeit auf der Karte.
Die Bar im Lockdown
Seine akademische Ausbildung erwies sich auch im Lockdown als Vorteil, als in allen anderen Bars behördlich verordnete Dauer-Sperrstunde war. In „Dino’s Apothecary Bar“ blieben die Gläser zwar leer, aber sie öffnete als Wiens wohl geschmackvollste Teststraße. Als es erlaubt war, gab es auch ausgewählte Drink-Kreationen zum Mitnehmen, die treuen Stammkunden, derer es viele gibt, die tristen Pandemietage etwas erhellten. Schon der Kurzbesuch zum Antigen-Test weckte die Vorfreude auf das Comeback der Gastronomie. „Die regelmäßige Bar-Therapie ist für viele Gäste eine Basiszutat für ihr persönliches Glücksrezept“, schmunzelt Kaiser.
Ein Ausflug in die Zeitlosigkeit
2019 renovierte Kaiser die Bar detailreich und liebevoll. Mit der Renovierung folgte auch der Schulterschluss mit den Kleinod-Masterminds Alexander Batik, Oliver Horvath und David Schober, die seither mit Kaiser gemeinsame Sache machen.
Das runde Jubiläum der vielfach ausgezeichneten Trinkstelle wird noch bis nächste Woche ohne großes Aufsehen und laute Events gefeiert. „Ich freue mich, wenn viele Gäste aus den Anfangsjahren wieder vorbeischauen und genießen, dass sich in ihrer ‚Dino’s Apothecary Bar‘ bis auf die Cocktailkarte wenig geändert hat und sie hier genauso freudvoll wie vor 25 Jahren entspannen und durch das Getränkemenü gustieren können“, so die Barlegende.
Mit Blick auf die aktuellen Infektionszahlen ergänzt Kaiser einen Wunsch: „Da Apothekerinnen und Apotheker nicht impfen dürfen, kommen die Gäste am besten schon geimpft, damit wir die nächsten 25 Jahre ohne Unterbrechung Freude an außergewöhnlichen Drinks haben. Die Ideen dafür gehen mir nicht aus!“
(Red)